Die erste Überraschung gibt’s schon am Flughafen: Statt des befürchteten Schlangestehens vor den Schaltern der Immigrationsbehörden wegen Passkontrolle und „Visum on arrival“ erwarten uns dort freundliche, hilfsbereite Beamte und ein zügiges Verfahren. Dieser gute Eindruck bestätigt sich auch am folgenden Tag: Überall begegnen uns die Menschen offen und freundlich, die Grundstimmung wirkt – trotz der üblichen Hektik einer Millionenstadt – gelassen, ja heiter.
Die zweite Überraschung erwartet uns dann bei unserer Stadtführung: Anders als vermutet, sehen wir zunächst kaum größere Schäden an den Gebäuden. Schließlich wurde Nepal ja im April 2015 durch mehrere, schwere Erdbeben erschüttert. Die bedrückenden Bilder von den schrecklichen Folgen für Mensch, Kultur und Natur gingen danach um die Welt. Da ich 2006 schon einmal in Nepal war, war ich natürlich besonders gespannt, wie sich Kathmandu seitdem verändert hat.
Ang Kami – vom Sherpa zum Manager
Damals habe ich auch Ang Kami kennengelernt, der als Sherpa schon mehrere 8.000er bestiegen hat, mittlerweile aber sehr erfolgreich eine Trekking-Agentur in Kathmandu betreibt. Da unser Kontakt seitdem nicht mehr abgerissen ist, wird seine Matterhorn-Treks & Expeditions Ltd. uns während unserer Zeit in Nepal begleiten. Das Wiedersehen mit Ang Kami ist ein weiteres Highlight der ersten 24 Stunden: ein überaus freundlich-angenehmer Zeitgenosse, dabei Profi durch und durch. Spricht er deutsch, so merkt man sofort, wo er es gelernt hat: in der Schweiz, wo er schon mehrmals war und wohin er sehr gute Beziehungen unterhält.
„Buddha was born in Nepal“
Mit Abhishek, unserem erfahrenen Guide, machen wir am zweiten Tag eine erste Stadtrundfahrt und besuchen gleich die wichtigsten heiligen Tempel Kathmandus; sie sind zugleich zentrale Pilgerstätten für Buddhisten und Hindus aus aller Welt (Impressionen dazu in unserer Bildergalerie unten). So werden überall T-Shirts mit der Aufschrift angeboten „Buddha was born in Nepal“. Beide Religionen seien in Nepal im Alltag ohnehin auf Engste miteinander verknüpft, so Abhi. Da unser Stadtführer sieben Jahre in Deutschland gelebt hat, spricht er fließend deutsch, zudem perfekt englisch. Von ihn erfahren wir nicht nur Wissenswertes über die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten, sondern auch interessante Hintergründe. So schildert er, ohne darüber zu klagen, ein Dilemma: Durch die mediale Berichterstattung, die nach wie vor auf die (durchaus gravierenden) Probleme fokussiert ist, ging der Tourismus in manchen Bereichen um bis zu 90 Prozent zurück – womit eine enorm wichtige Einnahmequelle für ihn und für viele Menschen fast versiegt ist.
Aufbauhilfen
Dennoch engagiert er sich für ein privates Hilfsprogramm und sorgt dafür, dass die Hilfe aus Deutschland auch bei denen ankommt, die sie dringend brauchen: die Kinder eines Waisenhauses. Richtig krass wird seine Schilderung der Lage dort, wo es um die Rolle der staatlichen Stellen bei der Bewältigung der Krise geht: Er meint, dass alle Spenden und Hilfsgelder, die über die Regierung gehen, zu 90 Prozent in deren Taschen fließen, und zwar egal, welche Partei gerade am Ruder ist – derzeit ist übrigens der Führer der maoistischen Partei Ministerpräsident. Das Grundübel Korruption kennt keine Parteien. Und er betont, dass die zweitbeste Art, Nepal zu helfen, darin besteht, gerade jetzt dorthin zu reisen.
Schon die Eindrücke der ersten beiden Tage haben uns überzeugt: Wir können seinen Rat nur unterstreichen – fahrt hin, es lohnt sich!